Kommentare zur Malerei von Rosette Wieland

«...Mit beiden Händen setzt sie Zeichen, rhythmische Strukturen, die ineinander übergehen – so als ob man alle unsichtbaren Spuren einer Tänzerin aufgezeichnet hätte. Sie ritzt und zeichnet. Dann wird auf diesen Spurengrund Acrylfarbe in dünner Konsistenz aufgetragen – und auch wieder weggewaschen. So bilden sich Energiefelder, die sich ins Bildinnere konzentrieren, aber in ihrem Schwung auch über den Bildrand hinausdrängen, in den Raum greifen. Felder, die aufscheinen und sich wieder zu entziehen scheinen, indem sie sich in Schichten verbinden, die weit hinten liegen. So bildet die Künstlerin vibrierende Bewegungsfelder, die ihre Dichte erhalten durch das Schichten.»

                  

Konrad Tobler, Kulturjournalist

2006, Galerie Artraktion, Bern

 

 

«...Die mehrschichtige Bildschöpfung führt zu einer verdichteten Bildstruktur und nuancierten Farbigkeit. Die Bilder sind von einer grossen Intensität – manchmal in zartem Pastell, dann wieder in leuchtender Klarheit. Doch immer sind es Farbfelder von hoher Präsenz und meditativem Charakter, die je nach Lichteinfall und Standpunkt von Mal zu Mal neue Eindrücke entstehen lassen.»

 

Eva Inversini, Kunsthistorikerin

2003, Ausstellung Kunst und Bau, Schloss Aarwangen

 

 

EINFÜHRUNG AUSSTELLUNG ROSETTA WIELAND, VILLA BERNAU, BERN

 

Liebe Gäste, ich darf Sie ganz herzlich in der Ausstellung von Rosetta Wielands Bildern hier in der Villa Bernau begrüssen.

 

Vielleicht haben Sie sich auch so wie ich über das Bild auf der Einladungskarte gefreut. Ein freches Gelb sticht zwischen Rottönen hervor. Rottöne: Karmin, Purpur, Magenta, Pink ...

 

Wenn es eine Farbe gibt, die das Leben an sich repräsentiert, dann ist es die Farbe rot. Rot, die Farbe aller Farben, steht für Lebensfreude, für Energie und Vitalität. Rot hat eine intensive Leuchtkraft und strahlt Wärme aus. Rot demzufolge lässt bestimmt niemanden kalt. Rot tut gut.

 

Rosetta Wieland – selbst in ihrem Vornamen findet sich eine Rotnuance – feiert mit dieser Ausstellung nicht nur einen runden Geburtstag, sondern auch – ich sag es mal so: ihre Rückkehr ins totale Leben, nachdem sie krankheitshalber recht lange in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt war. Und sie könnte die Freude über ihre Genesung nicht intensiver feiern als mit ihren Bildern, hier und jetzt, und ihrem Tanz etwas später.

 

Rosetta Wielands Werke sind häufig Erinnerungsbilder aus fremden Ländern, in gewisser Weise sind sie atmosphärische Reisetagebücher.

Noch vor ihrer Erkrankung reiste sie durch Indien und Nordthailand. Wer diese asiatischen Länder kennt, wundert sich nicht, dass ihr in beiden Ländern warme Farbtöne, orange, gelb, gold und vor allem eben rot ins Auge stachen. Es gibt wohl kaum ein Land, in dem diese Farben so augenfällig sind, wie in Indien. Die roten Kleider der indischen Frauen sind allgegenwärtig, in rot wird u.a. geheiratet, weil es die Farbe der Reinheit ist. Und wenn ein Fest gefeiert wird, wird zu Musik und Gesang getanzt, rhythmisch bis wild. Ein Farbenreigen. War das vielleicht die Inspiration zum Bild auf der Einladungskarte?

 

Auf ihrer Indienreise in Kerala richtete Rosetta mit mitgebrachten eingerollten Leinwänden ein improvisiertes openair-Atelier ein und malte, was sie inspirierte.

Die entstandenen Bilder sind nach ihren Entstehungsorten benannt: Kera, Kerala, oder Thailand, und die in diesem Herbst in Italien entstandenen Bilder (es sind Applikationen auf hauchdünnem Siampapier) tragen Namen wie Mira und Aurora.

In der Ausstellung entdeckt man neben den kräftigen, feurigen Bildern auch zarte und feine. 

 

Sie collagiert, frottiert. Sie malt:

Rosetta Wielands Maltechnik ist vielschichtig.

Sie trägt eine erste Schicht Farbe auf die Leinwand und beginnt auf diese Grundierung mit Pinsel, Kreide und anderen Werkzeugen zu wirken: sie kratzt weg, ergänzt, wäscht wieder ab, trägt erneut auf und wieder ab. Am Ende legt sie eine feine Farbschicht über das gesamte Bild, deckt den Farbentanz zu, aber so, dass man ihn noch erkennen kann: das aufregende, bewegte Bild wird still und erhält seine vielschichtige Wirkung.

 

Mit derselben Energie, mit der Rosetta malt, tanzt sie auch.

Es gibt kaum Künstlerinnen, die sowohl malen wie auch tanzen, und die beide Künste verbinden und miteinander spielen lassen.

Tanz, das wissen wir, ist wahrscheinlich der ganzheitlichste Ausdruck eines Wesens, eines Körpers. Umso schwierig muss es für dich, Rosetta, gewesen sein, als du dich für recht lange Zeit nicht mehr fortbewegen konntest.

 

Heute tanzt du wieder. Du hast dir zu deiner Tanzperformance das Lied „Prayer“ von DD. Bridgewater ausgesucht.

Male und tanze, und teile mit uns deine Freude an der Farbe und an der Bewegung.

Ganz herzlichen Dank dafür.

Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend und ganz viel Vergnügen.

  

6. November 2015, Susanne Schmid